Hannover rechts außen – Gegen den rechten Konsens in der aktiven Fanszene!

Die Fanszene des Vereins Hannover 96 hat sich in den vergangenen Jahren politisch immer weiter nach rechts bewegt. Höhepunkt dieser Entwicklungen war der Stadion-Ausschluss, der sich als antirassistisch begreifenden Ultra-Gruppe „Rising Boys Hannover“ und anderen sich mit ihnen solidarisch zeigenden Gruppen.

Im Folgenden wird versucht einen Überblick über die Entwicklung hin zu einem rechten Konsens innerhalb der aktiven Fan- und Ultraszene von Hannover 96 zu geben. Dabei werden relevante, uns bekannte Ereignisse seit dem Jahr 2010 aufgeführt, um ein möglichst vollständiges Bild einer stetigen, ungestoppten Entwicklung immer weiter nach rechts darzustellen.

Marker einer Entwicklung nach rechts 2010-2017

Im Jahr 2010 etabliert sich die neonazistische Hooligan-Gruppe „Royal Riot (RR)“ im Stadion und der hannoverschen Fanszene. Personelle Überschneidungen zur Neonazi-Gruppe „Besseres Hannover“ (die schlussendlich verboten wurde) bestehen, werden jedoch akzeptiert. Mitglied von „RR“ war unter anderem der neonazistisch auftretende Timm Güse, der nach wie vor eine entscheidende Rolle in der hannoverschen Fanszene spielt. Nach der Offenlegung der Mitgliedschaft von Neonazis bei „RR“, durch antifaschistische Aktivist*innen im Jahr 2011, sieht sich die Fanszene gezwungen „RR“ aus der Fanszene auszuschließen. Damit einhergehend etabliert sich in Teilen der Fanszene bereits das Feindbild der Antifa als „Störenfried“, der die Fanszene angreifen würde.
Im Jahr 2013 zeigen sich die Entwicklungen erstmals in einer neuen Qualität der Gewalt, durch massive körperliche Übergriffe auf antifaschistische 96-Fans, da diese sich mit Fußballfans rivalisierender Vereine in einem antirassistischen Rahmen engagiert und solidarisiert haben. Dieses Engagement zusammen mit Fans „verfeindeter“ Fußballclubs gilt einigen Fans/Ultras/Hooligans als Hochverrat mit der Konsequenz, dass diese „Nestbeschmutzer“ von Teilen der hannoverschen Fanszene zum Abschuss freigegeben werden. Unabhängig vom Geschehen an Spieltagen, folgen mehrere gewalttätige Übergriffe gegen antifaschistische 96-Fans. So zieht eines Abends eine Gruppe von ca. 15 Personen durch die links und migrantisch geprägte Nordstadt und versucht die Kneipe „Nordstadtbraut“ anzugreifen, in der Antifaschist*innen vermutet werden. Linke Zusammenhänge solidarisieren sich daraufhin mit den Betroffenen und das „Feindbild Antifa“ verfestigt sich.

Im weiteren Verlauf gründet sich die Hooligan-Gruppe „VH13“, die sich vor allem aus ehemaligen „RR“- und aktiven „West Hannover“- Mitgliedern rekrutiert.
Im Jahr 2014 kommt es nach linken Demonstrationen gegen die Einheitsfeierlichkeiten zu massiven Angriffen auf Antifaschist*innen, ebenso am nächsten Abend. Im Zuge dessen ereignet sich ein Angriff auf eine politisch aktive junge Frau, bei dem diese so schwer verletzt wird, dass sie mehrere Tage im Krankenhaus verbringen und notoperiert werden muss. Auch im weiteren Verlauf wird immer wieder versucht Antifaschist*innen zu bedrohen und anzugreifen. Wer Opfer der Angriffe wird, scheint zunehmend wahllos. Kriterium ist dabei für lediglich ein vermeintlich linkes Erscheinungsbild. Um auf das Passierte aufmerksam zu machen und die aktuelle Situation zu problematisieren, organisieren antifaschistische Zusammenhänge und linke Gruppen daraufhin eine Demonstration unter dem Motto „Jeder Angriff ist ein Angriff auf uns alle!“. Mehrere hundert Menschen folgen dem Aufruf.
Die Gruppe „VH13“ löst sich im Jahr 2015 präventiv auf, aus Angst verboten zu werden, da sie aufgrund ihrer Teilnahme an so genannten „Dritt-Ort-Auseinandersetzungen“ (Hooligan-Schlägereien) den Tatbestand der kriminellen Vereinigung nach §129 erfüllen.
Es kommt erneut zu einem Angriff auf als Linke identifizierte Personen in der Nordstadt, diese werden dabei von den schwarz-weiß-grünen Sturmhauben tragenden Angreifern als „Antifa-Fotzen“ betitelt. Die Nordstadt gerät immer weiter ins Visier der mittlerweile schon weit nach rechts gerückten hannoverschen Fanszene: So trifft sich diese vor den Heimspielen gegen Werder Bremen und St.Pauli, deren Fanszenen als antifaschistisch gelten, in der Nordstadt. Intern wird zum „Zecken klatschen“ aufgerufen.

Aktuelle Entwicklungen & Ausschluss antirassistischer Gruppen

Im Jahr 2017 wird die Ultra-Gruppe „Rising Boys Hannover (RBH)“ sowie weitere Gruppen von den „Ultras Hannover (UH)“, der Dach-Organisation der hannoverschen Ultras, mit der mehrfachen Androhung von Gewalt aus dem Stadion und allen damit verbundenen Aktivitäten ausgeschlossen.

Dieser Ausschluss wurde und wird mit dem politischen Engagement einzelner Mitglieder der „RBH“ bei linken, antirassistischen Veranstaltungen begründet: So werden einige Mitglieder der Gruppe „RBH“ bei einer im Juni 2017 stattfindenden Gedenkdemonstration für den von der Polizei ermordeten Kurden Halim Dener, andere im Juli 2018 bei den Protesten gegen den in Hamburg stattfindenden G20-Gipfel in Hamburg gesichtet. Dies nehmen Mitglieder der „Ultras Hannover“ zum Grund, um „RBH“-Mitgliedern körperliche Gewalt anzudrohen und diese auch durchzuführen. Die Gruppe „RBH“ entwickelt sich im Zuge dessen schnell zum Feindbild innerhalb der hannoverschen Ultra-Szene, da man dieser nun eine Nähe zu der längst verfeindeten „Antifa“ attestiert. Ein Verbot sich im Stadion aufzuhalten wird ausgesprochen und durchgesetzt.

Die Nähe zu linken Veranstaltungen und Organisationen scheint dabei deswegen ein Problem darzustellen, da die Hegemonie weißer, deutscher Männer und ihrer chauvinistischen Handlungsweisen mit diesen Positionen nicht vereinbar sind.
Als Konsequenz auf die sich überschlagenden Ereignisse und den massiven Rechtsruck innerhalb der hannoverschen Ultra-Szene treten mehrere (Gründungs-)Mitglieder der „Ultras Hannover“ aus der Gruppe aus. Viele bleiben jedoch und positionieren sich damit eindeutig.

Bei den beschriebenen Entwicklungen in der jüngeren Vergangenheit scheint die Haftentlassung des offen neonazistisch auftretenden Ultra-Veterans Timm Güse den entscheidenden Ausschlag gegeben zu haben. Dieser wurde von den „Ultras Hannover“ nach seiner Entlassung im Stadion mit dem Spruchband „Aus dem Versteck – rein ins Geschehen … Willkommen zurück, Timm!“ begrüßt und willkommen geheißen. Kurze Zeit später fiel Güse bereits medial auf, da er beim Trainingslager von Hannover 96 in Österreich den Hitlergruß zeigte und „Fuck, Allah!“ brüllte, wofür er vor kurzen zu einer erneuten Haftstrafe verurteilt wurde. Die hannoversche Fanszene verhielt sich öffentlich bisher nicht zu diesem offensichtlich rechtsradikalen Verhalten einer ihrer Führungspersonen und scheint dieses damit mindestens zu tolerieren.

Im Juli 2018 veranstaltet die hannoversche Ultra-Gruppe „West Hannover“ ein Fußballturnier, an dem die neonazistische Hooligan-Gruppe „Venomous Generation (VG)“ aus Bielefeld sowie deren als Jugend ausgegebenen Untergruppierung „227“ teilnehmen. Die Gruppe „VG“ fiel bereits durch die Mitgliedschaft aktiver Neonazis sowie der Teilnahme einzelner Mitglieder an der Neonazi-Kampfveranstaltung „Kampf der Nibelungen“ auf. Die Zahlenkombination „227“ steht für den Straftatbestand der gefährlichen Körperverletzung mit Todesfolge. Auf dem Turnier von „West Hannover“ wurde außerdem klar als „Rechtsrock“ einzuordnende Neonazi-Musik der Gruppe „Sleipnir“ gespielt, die eine feste Größe in der neonazistischen Musikszene darstellen.

Rechten Umtrieben eine Absage erteilen!

Seit 2010 entwickelt sich die hannoversche Fanszene immer weiter nach rechts. Diese immer offenkundiger werdende Entwicklung wird dabei von den verschiedenen politisch rechts agierenden Gruppen und Einzelpersonen illustriert. Am deutlichsten zeigt sie sich jedoch in der körperlichen Durchsetzung des rechten Konsens gegenüber all denen, die sich in irgendeiner Weise als antirassistisch oder anderweitig fortschrittlich ausmachen lassen.

Der Ausschluss von Gruppen wie „RBH“ aufgrund des politischen Engagements einzelner Personen, ist damit der logische Gipfel eines rechten Konsens in der hannoverschen Ultra-Szene.

Diesem rechten Konsens müssen wir alle gemeinsam eine Absage erteilen!

Gegen rechte Umtriebe im und ums Stadion!

25.07.2018